
Diffamierung von BDSM
Mehr Mett, weniger Mythen: Medien und die Schuldfrage.
Ach ja, das gute alte Abschalten nach einem anstrengenden Tag. Was macht man da?
Schwimmen? Sauna? Oder doch lieber eine spannende Doku auf Netflix? Letzteres habe
ich in letzter Zeit auch öfter mal gemacht, vor allem wegen meines lädierten Knies.
Und was habe ich da entdeckt? Ein Meisterwerk an Medien-Logik, das mich fast zum
Kotzen gebracht hätte. Wobei, ins Essen zu kotzen wäre definitiv zu einfach!
Die besagten Dokus beschäftigen sich viel mit Profiling von Serienkillern. Namen wie
Ted Bundy, Jeffrey Dahmer oder Son of Sam tauchen da auf. Spannend, klar. Doch
was bei mir das große „Bullshit!“ ausgelöst hat, war die scheinbar bahnbrechende
Erkenntnis, dass all diese mörderischen Schurken maßgeblich durch BDSM-Pornos,
Magazine und Filme beeinflusst wurden. Ja, du hast richtig gelesen: Wer BDSM lebt,
könnte theoretisch der nächste Serienkiller werden, zumindest wenn wir dieser Logik folgen.
Das ist ungefähr so klug wie die These, dass Counter Strike Spieler automatisch potentielle
Amokläufer sind. Was wie wir ja wissen vor gar nicht allzu langer Zeit durch die Gazetten
geisterte. Weil ein paar Amokläufer eben dieses Spiel gespielt haben, muss es ja daran
liegen. Ebenso sinnig ist natürlich die Verurteilung von Marilyn Manson (dem Sänger),
der angeblich wegen seiner Musik für zahlreiche Amokläufe verantwortlich gemacht wurde.
Ach herrje, und ich dachte immer, mein Lieblingsfilm „Hostel“ sei einfach nur Splatter-Horror
und kein Auftrag, mir mehr Mettwurst zu kaufen!
Doch Moment, da könnte ja was dran sein: Wenn brutale Volksmusik als Auslöser für
Mordgelüste gilt, dann sollten Supermärkte schleunigst ihre Regale mit Klopapier und
Nudeln bestücken und im Hintergrund gnadenlos die Wildecker Herzbuben aufdrehen.
Das Publikum würde sich sicher in die Schlange vor der Wursttheke werfen, hungrig
auf Mettwurstbrötchen mit Zwiebeln. Ein brillanter Marketingplan, nicht wahr?
Aber zurück zur Realität: Natürlich ist das völliger Quatsch. Kein Film, kein Musiker,
keine Musikrichtung, kein Videospiel und erst recht kein BDSM-Lebensstil ist schuld
an Amokläufen oder Mordserien. BDSM ist, wie jede andere Vorliebe, einfach nur eine
Geschmacksfrage, ein Teil unserer Identität, und nicht das düstere Tor zum Verbrechen.
Statistisch gesehen sind Amokläufe und Serienmorde extrem seltene Ereignisse.
Laut Studien machen diese Gewalttaten einen verschwindend kleinen Bruchteil
der Gesamtkriminalität aus. Die Ursachen sind vielschichtig: psychische Erkrankungen,
soziale Isolation, individuelle Traumata. Das sind die echten Faktoren, nicht die Musik,
die jemand hört, oder der Lifestyle, den er pflegt.
Aber was macht die Medienwelt daraus? Ein Empörungsfeuerwerk, das jedem Klischee
gerecht wird. Gruppen, die vom „Mainstream“ abweichen, werden gnadenlos diffamiert.
Statt differenziert zu berichten, wird panisch nach Sündenböcken gesucht. Und schwupps,
BDSM wird gleich mit in den Suppentopf der „gefährlichen Abarten“ geworfen.
Man stelle sich mal vor, Richter würden künftig bei einem Amoklauf folgendes fragen:
„Herr Angeklagter, was haben Sie zuletzt im Fernsehen gesehen?
Waren Sie vielleicht Fan der Wildecker Herzbuben oder haben Sie zu viel ‚Teletubies‘ geschaut?“
Wahrscheinlich gäbe es dann bald Petitionen, um solche Berichte im TV zu verbieten, ein Schelm,
wer Böses dabei denkt. Mal ehrlich: Solche Zuschreibungen sind einfach nur lächerlich und
schaden der Gesellschaft mehr, als sie nützen. Die mediale Panikmache wirft Nebelkerzen
und maskiert, dass wir uns lieber mit echten Problemen auseinandersetzen sollten, anstatt
Sündenböcke zu suchen.
Deshalb an alle Medien, Politiker und Betrachter: Lasst uns aufhören, Abweichungen zu
dämonisieren. Lasst uns differenziert hinsehen und bitte, bitte, den Wahnsinn mit der
Schuldzuweisung auf Musik, Mode oder Hobbys begraben!
Zum Schluss noch mein heißer Tipp: Wenn Supermärkte wirklich ihre Umsätze steigern wollen,
sollten sie einfach mal brutal laute Volksmusik auflegen und Mettwurstbrötchen billig anbieten.
Vielleicht rollt dann die Klopapier, und Nudel-Welle wieder los. Bis dahin heißt es für uns:
Augen auf, Ironie ein und weiter entspannt durchs Leben gehen.
So, das war mein Wut- und Wahnsinnsbeitrag für diesen Monat.